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Der Tod im Wandel – Wie sich Abschiednehmen verändert: Reerding, Pilzsarg, Kryonik über KI-Avatare und QR-Codes auf Grabsteinen


Jenseitskontakt-Der Tod im Wandel – Wie sich Abschiednehmen verändert



Früher war der Tod still. Tabu. Verborgen.

Heute verändert er sein Gesicht – leiser, digitaler, manchmal sogar gläsern. Gläsern wie ein Diamant, der aus der Asche eines geliebten Menschen gepresst wird – klar, funkelnd, greifbar. Ein Symbol für bleibende Erinnerung in einer Welt, die sich wandelt und bewegt. Aber was, wenn du die Kette mit dem Diamanten verlierst!?

 

Die moderne Welt hat begonnen, auch beim Abschiednehmen neue Wege zu gehen. Zwischen Hightech und Natur, zwischen Erinnerung und Gehenlassen, öffnen sich neue Räume. Manche berühren – andere irritieren.

 

In meiner Arbeit als Medium und Trauerbegleiterin erlebe ich täglich, wie individuell Trauer ist – und wie wichtig es ist, dass jeder Mensch seinen eigenen, stimmigen Weg findet. Ob leise, laut, festhaltend oder befreiend – kein Abschied gleicht dem anderen.


Doch was passiert, wenn Technologie und neue Rituale diesen Prozess beeinflussen – im Guten wie im Herausfordernden?

Was stärkt uns wirklich – und was hält uns vielleicht davon ab, im Hier und Jetzt weiterzugehen?

 


Bestattung heute: zwischen Erde, Pilzen, Humus, KI und QR-Codes

 

Die klassische Erdbestattung oder die Kremation sind längst nicht mehr die einzigen Optionen. Immer mehr Menschen wünschen sich einen letzten Weg, der zu ihrem Leben passt: nachhaltig, persönlich, verbunden mit der Natur.

 

Der Abschied soll heute mehr sein als ein letzter Akt – er darf gestaltet, durchdacht und getragen sein.


Nicht selten erlebe ich, dass Dagebliebene bewusst neue Wege gehen:

·        Eine Zeremonie unter freiem Himmel,

·        ein stiller Ort im Wald,

·        das Gehenlassen auf dem Wasser,

oder die Vision, zurückzugeben, was einst empfangen wurde.

 

Für manche ist es ein Ausdruck von Naturverbundenheit – für andere ein bewusster Schritt weg von gewohnten religiösen Formen, hin zu etwas Eigenem, Echtem. Viele fühlen sich mit der Kirche nicht mehr verbunden, möchten aber dennoch einen würdevollen, spirituellen Abschied erleben – jenseits von Dogma oder Vorschrift.

 

Und dann gibt es auch jene, die einfach „anders“ gehen möchten. Nicht gewöhnlich, nicht stillschweigend, sondern auf ihre eigene Art – mutig, liebevoll, vielleicht ein wenig überraschend.

Dabei geht es nicht nur um den Körper, sondern um eine Haltung gegenüber dem Leben selbst.

Viele fragen sich: Wie möchte ich gehen?

Und mehr noch: Was soll von mir bleiben – im Herzen der anderen, aber auch in der Welt?


So entstehen neue Formen des Abschieds.

 


Reerding / Humusbestattung – zurück zur Erde, Schritt für Schritt

 

Jenseitskontakt-Der Tod im Wandel – Wie sich Abschiednehmen verändert

Beim Reerding wird der Verstorbene in einem speziell entwickelten Kokon aus Naturmaterialien wie Stroh, Holzspänen, Heu und Blumen gebettet. Dieser Kokon schafft ein warmes, feuchtes und luftdurchlässiges Mikroklima, das den natürlichen Zersetzungsprozess fördert – ganz ähnlich wie bei der Kompostierung, aber deutlich kontrollierter und hygienisch begleitet.

Der eigentliche Verwandlungsprozess dauert etwa 40 Tage und wird durch das Wirken von natürlichen Mikroorganismen, Bakterien und Pilzen unterstützt, die den Körper rückstandsfrei in nährstoffreiche Erde umwandeln.

 

Damit dieser biologische Kreislauf optimal ablaufen kann:

 

  • wird der Kokon regelmäßig belüftet,

  • das Substrat wird leicht bewegt bzw. „geschüttelt“,

  • die Feuchtigkeit und Temperatur werden sorgfältig überwacht.

 

Die Bedingungen im Kokon gleichen einem kleinen, lebendigen Ökosystem – der Körper wird nicht einfach „begraben“.

 

Am Ende dieses Prozesses entsteht – je nach Körpergrösse und Gewicht – eine beachtliche Menge Humus: etwa 300 bis 500 Liter, also fast ein halber Kubikmeter nährstoffreicher Erde.

 

Und genau hier taucht eine ganz praktische Frage auf, die oft unterschätzt wird:

Was geschieht mit dieser Erde?

 

Nicht immer kann oder will man die gesamte Menge an einem Ort belassen. Was, wenn ich keinen passenden Platz dafür habe? Wenn ich nicht alles mitnehmen oder verstreuen möchte – oder darf? Was, wenn die Vorstellung, dass ein Teil „zurückbleibt“, schwer auszuhalten ist?

 

Auch das gehört zum Reerding: sich mit der Frage zu befassen, wie und wo der geliebte Mensch weiterwirkt – im wörtlichen Sinn.

Es kann tröstlich sein, wenn ein Teil der Erde in einem Garten der Erinnerung verwendet wird, unter einem Baum, an einem Ort der Stille. Aber es kann auch emotional herausfordernd sein, wenn nicht alles einen Platz findet.

Deshalb ist es wichtig, sich im Vorfeld gut zu informieren und gemeinsam zu klären, was mit der entstandenen Erde geschehen soll – damit der Kreislauf nicht nur ökologisch, sondern auch seelisch geschlossen werden kann.

Reerding ist damit nicht nur ein Abschied, sondern auch eine Entscheidung: für einen Weg, der ehrlich, bewusst – und nicht immer einfach ist.

 

Reerding (Humusbestattung) ist mittlerweile in Schleswig-Holstein zugelassen. Reerding wird in der Schweiz aktuell diskutiert und derzeit im Kanton Zürich offiziell geprüft.

 

Mehr dazu: Blick-Artikel zur Reerdigung in Zürich

 

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Der lebendige Pilz-Sarg / Pilz-Urne, die zurückgeben

 

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Ein Sarg aus Pilzgeflecht (Myzel) – das klingt für viele noch ungewöhnlich, für manche faszinierend, für andere eher befremdlich. Dabei handelt es sich um ein biologisch abbaubares Material, das sich nach der Beisetzung innerhalb von etwa 45 Tagen zersetzt und dabei Giftstoffe aus dem Körper neutralisiert. Der sogenannte „Living Cocoon“ vom Hersteller Loop Biotech ist als Teil des natürlichen Kreislaufs gedacht – er wächst, vergeht und gibt zurück.


Die erste Beisetzung in einem solchen Sarg fand 2020 in Den Haag statt – ein symbolischer Startpunkt für diese neue Art des Abschieds.


In der Schweiz sind solche Särge bislang nur vereinzelt im Einsatz, da sie individuell von der jeweiligen Friedhofsverwaltung geprüft und zugelassen werden müssen. Grundsätzlich gilt: Das Material muss den kantonalen und kommunalen Vorschriften entsprechen und biologisch abbaubar sein. Einige Gemeinden zeigen sich offen, andere eher zurückhaltend.


Nicht für alle ist diese Form des Abschieds stimmig.

Manche empfinden die Vorstellung, im Erdreich zu zerfallen, als tröstlich – als Rückkehr in den Kreislauf des Lebens. Andere dagegen entscheiden sich bewusst gegen eine Erd- / Pilzsargbestattung, weil ihnen der Gedanke, „in der Erde zu liegen“, zu schwer oder belastend erscheint – deshalb die klassische Kremation, die für viele aus genau diesem Grund die leichtere Alternative ist.


Auch beim Pilzsarg können ähnliche Empfindungen entstehen: Was für die einen natürlich und sinnhaft wirkt, löst bei anderen Unbehagen aus. Die Idee, von einem lebendigen Geflecht umhüllt zu werden, das einen aktiv in Erde verwandelt, kann sowohl als liebevoller Übergang wahrgenommen werden – oder als zu nah, zu fremd, zu langsam oder zu schnell.

Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig mit diesen Fragen zu befassen – nicht nur sachlich, sondern auch innerlich:Was löst in mir Frieden aus – und was eher Widerstand?


In meiner Arbeit halte ich mich bewusst neutral: Ich begegne Menschen, die sich für diesen Weg entscheiden – und solchen, die ihn ganz klar ablehnen. Beides darf sein.

Am Ende geht es nicht darum, was „richtig“ ist – sondern darum, was sich wahr anfühlt.

Was zählt, ist, dass der Abschied zum Menschen passt, der geht – und zu denen, die zurückbleiben.

 

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Kryonik – eingefrorene Hoffnung?

 

Jenseitskontakt-Der Tod im Wandel – Wie sich Abschiednehmen verändert

In Rafz (Kanton Zürich) befindet sich ein Kühlhaus für Verstorbene, die sich für die sogenannte Kryonik entschieden haben.

Dabei wird der Körper direkt nach dem Tod auf −196 °C heruntergekühlt – in der Hoffnung, dass künftige medizinische Entwicklungen es ermöglichen könnten, ihn eines Tages wieder aufzutauen und zu heilen.

 

Diese Vorstellung ist für manche faszinierend, für andere kaum fassbar. Beim Beobachter erschien am 18. November 2021 ein Beitrag, der diesen Ansatz auch kritisch beleuchtet. Für viele bedeutet Kryonik nicht nur ein Innehalten, sondern auch ein Verharren im körperlichen Zustand – ein Aussetzen der natürlichen Abläufe, vielleicht sogar des Gehenlassens.

 

Manche stellen sich die Frage: Was passiert mit der Seele, wenn der Körper eingefroren wird? Bleibt sie gebunden? Wartet sie? Oder geht sie ohnehin ihren Weg?

 

Aus medialer Sicht – zumindest so, wie ich es in meiner Arbeit wahrnehme – trennt sich die Seele vom Körper, sobald die sogenannte Silberschnur durchtrennt ist (physischer Tod).

Die Seele ist nicht an Technik, Temperatur oder einen Zeitplan gebunden. Sie geht ihren Weg – still, unabhängig, getragen.

 

Doch was bedeutet diese Entscheidung für jene, die zurückbleiben?

Für Angehörige kann es herausfordernd sein, wenn der Verstorbene nicht „ganz“ gegangen ist. Wenn es keinen Abschied im klassischen Sinn gibt, keine Beisetzung, kein Grab, keinen Ort der Erinnerung. Der Tod bleibt offen – im Schwebezustand. Und genau das kann die Trauerarbeit erschweren. Denn Gehenlassen braucht manchmal auch das Gefühl, dass etwas abgeschlossen ist. Dass es weitergeht – für beide Seiten.

 

Ich selbst begegne dem Thema offen und ohne Urteil. Kryonik ist Ausdruck eines sehr menschlichen Wunsches: zu bleiben. Noch nicht zu gehen. Vielleicht irgendwann wiederzukommen. Für manche ist es ein mutiger Schritt in die Zukunft. Für andere ein schwer greifbarer Weg.

 

Was wichtig bleibt: dass wir solche Entscheidungen bewusst und liebevoll treffen – und auch jene mit einbeziehen, die den Abschied leben müssen.

Denn Tod betrifft nicht nur den, der geht – sondern immer auch die, die bleiben.

 

Kryonik zeigt, wie sehr der Mensch sich heute nach Kontrolle über das Unkontrollierbare sehnt.

 


  

Wenn KI-Tote sprechen lässt – Fluch oder Trost? 

 

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Künstliche Intelligenz macht es heute möglich, Verstorbene als digitale Avatare weiterleben zu lassen – mit echtem Gesicht, originaler Stimme und sogar interaktiver Chatfunktion. Anbieter wie DeepBrain AI oder Eternos versprechen eine neue Form von digitaler Unsterblichkeit.

Die Vorstellung: Man kann weiterhin mit einer verstorbenen Person sprechen. Nachrichten austauschen. Geburtstagswünsche hören. Ein vertrautes Gesicht sehen – scheinbar lebendig.

 

Doch: Ist das wirklich ein Geschenk? Oder eine neue Form des Festhaltens?

 

„KI-Avatare können sprechen, (fühlen), antworten – aber nicht trauern.“

Wenn eine Stimme jederzeit verfügbar ist, entsteht leicht die Illusion, jemand sei noch da. Und doch: der Mensch ist gegangen. Der Körper, die Seele – der gelebte Moment.

 

Der natürliche Lauf des Lebens kennt Abschiede. Er kennt Verluste, Übergänge, Wandlungen. Trauer ist Teil davon – genau wie Weitergehen. Nicht um zu vergessen, sondern um Raum zu schaffen: für Erinnerung, für Heilung, für das Leben im Jetzt.

Ein digitaler Avatar mag tröstlich sein – kurzfristig. Doch er kann auch den Blick nach vorn blockieren, isolieren und entfremden. Denn der Trauerprozess lebt vom Erkennen der Leere, vom Akzeptieren, vom Wegfallen, vom Durchschreiten und Weitergehen. Und nicht davon, dass alles bleibt, wie es war.

 

Auch für die Dagebliebenen stellt sich eine tiefgehende Frage: darf ich weiterleben, während mein digitaler Avatar noch spricht?

Und mehr noch: Darf ich mich lösen – ohne Schuld?

 

Ich selbst beobachte diese Entwicklung mit Offenheit – aber auch mit Achtsamkeit. Technologie kann Brücken bauen. Aber sie darf uns nicht davon abhalten, den Fluss des Lebens weiterzugehen. Denn genau dort – im echten Weitergehen – liegt oft der tiefste Trost.

 


  

Digital erinnern – QR-Codes auf Grabsteinen
 

Auch auf Schweizer Friedhöfen sind sie mittlerweile zu finden: Grabsteine mit QR-Codes, die zu einer digitalen Gedenkseite führen – mit Fotos, Videos, Zitaten oder Musik.Ein Klick – und das Leben eines geliebten Menschen wird nochmals sichtbar. Worte, Bilder, Erinnerungen tauchen auf, die sonst vielleicht verloren gegangen wären.

 

Für viele Angehörige ist das eine liebevolle und persönliche Form des Gedenkens – zugänglich, modern, verbindend. Für andere hingegen fühlt es sich an wie ein technischer Eingriff in einen eigentlich heiligen Raum der Stille. Ein Friedhof ist für sie ein Ort des Spürens – nicht des Scannens.

 

Auch virtuelle Trauerportale und Online-Gedenkseiten nehmen zu. Sie verbinden Menschen über Ländergrenzen hinweg, machen das gemeinsame Erinnern einfacher. Gerade in einer Zeit, in der Familien oft verstreut leben, kann das sehr wertvoll sein.

Doch auch hier bleibt die Frage: Wie viel Digitalisierung verträgt das Abschiednehmen?

So hilfreich diese Tools sein können – sie ersetzen nicht den echten Moment.

Nicht das Gehen über feuchtes Gras. Nicht das Niederknien am Grab. Nicht das Schweigen.

 

Die Trauer braucht Orte – aber auch innere Räume. Und die entstehen nicht am Bildschirm, sondern in uns selbst. Im Innehalten. Im Wind. In einem Atemzug.

 

Ein konkretes Beispiel aus der Schweiz:

Auf dem Friedhof Nordheim in Zürich wurde 2025 der erste QR-Code-Grabstein offiziell bewilligt. Der Code führt zur Lebensgeschichte von Vicenta Bohli-Ferrandis, aufgezeichnet durch meet-my-life.net – anhand von über 500 persönlichen Fragen. Ein moderner Zugang zu einem gelebten Leben – als digitale Biografie für jene, die sich erinnern möchten.

Doch auch hier gilt: Der digitale Raum ersetzt nicht das Hier und Jetzt. Er kann ergänzen, vielleicht trösten – aber nicht fühlen. Und genau dieses Fühlen ist es, das uns weitergehen lässt.

 

Nidwaldner Zeitung: nidwaldnerzeitung.ch+1ref.ch+1

 


Balance zwischen Technik und Seele

 

Die Schweiz öffnet sich für neue Wege:

  • Reerding als Rückkehr zur Natur

  • Pilzsärge/Pilz-Urnen als Symbol des Lebenskreislaufs

  • Kryonik als Ausdruck menschlichen Kontrollwunsches

  • KI-Avatare als Spiegel unserer Erinnerungswünsche

  • QR-Codes als Brücken zwischen analogem Gedenken und digitalem Erzählen

 

Fazit 

Eines bleibt für alle Menschen gleich, wir müssen/dürfen gehen.

Wie wir gehen, ist nicht für alle gleich. Der Wandel in der Bestattungskultur zeigt, wie sehr sich unser Verhältnis zum Tod verändert. Zwischen Pilzen, KI, Avataren und Humus suchen wir neue Formen, zum Gehen – oder festzuhalten.


Die Herausforderung liegt darin, die Balance zu finden: Zwischen Menschsein, Ansicht, Glaube, Technik und Seele. Zwischen Fortschritt und Gefühl. Zwischen dem, was bleibt – und dem, was gehen darf. Vielleicht ist die wichtigste Frage nicht wie wir bestatten. Sondern: Wie ehrlich und lebendig begegnen wir dem Tod – und dem Leben davor?  

 

Herzlichst, Corinne

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